Aus Roter Morgen
Zeitung der Kommunistichen Partei Deutschlands
24 Dezember, 1998

Aufruf zum 5. internationalen Treffen von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern 1999 in Stuttgart

Die Welt des Kapitalismus heute: Entlassungen und Massenarbeitslosigkeit drohen Millionen oder sind bereits Alltag für zahllose Menschen, nicht nur in unterentwickelten Ländern, sondern auch in den hochentwickelten Zentren des Kapitalismus. Oft sind Frauen die ersten, die aus den Betrieben geworfen werden. Zahllose Jugendliche sind ohne Perspektive! Auf der anderen Seite: Überstunden, ständige Steigerung der Produktivität, unerträgliche Arbeitshetze und Lohnsenkung, Flexibilisierung aller Bereiche der Produktion, vor allem der Arbeitszeiten, aber auch der Beschäftigung, d.h. -schrankenlose Ausbreitung ungeschützter, entwürdigender, prekärer Arbeitsverhältnisse: befristete Arbeitsverträge, Zeitarbeitsfirmen , industrielle Tagelöhner ohne vertraglichen und Sozialversicherungsschutz, -Zerschlagung großer Belegschaften der Industrie durch Unternehmensaufsplitterung, Ausgliederung, Privatisierung mit der Folge von Lohn- und Sozialabbau -Privatisierung, bzw. kostensenkende Rationalisierung ärztlicher, kranken- und altenpflegerischer Tätigkeiten, schulischer, vorschulischer und jugendpflegerischer Bereiche und aller anderen öffentlichen Sektoren bis hin zu deren Liquidation.

Diese Entwicklung stellt die arbeitenden Menschen vor wachsende Unsicherheit, zerstört ihre Lebensgrundlagen und zerrüttet Familien. Sie führt aber bei immer mehr Kolleginnen und Kollegen zur Gegenwehr, zu immer heftigeren Kämpfen, die in den vergangenen Jahren immer wieder weltweites Aufsehen erregten. Damit diese Kämpfe nicht isoliert bleiben, damit Solidarität unter den Arbeiter/innen zur alltäglichen Praxis wird, vor allem auch über die Grenzen hinweg, haben gewerkschaftliche Kolleg/innen aus zahlreichen Ländern ihre Erfahrungen ausgetauscht, gemeinsame internationale Kontakte und Aktivitäten begründet. Dafür haben wir internationale Treffen durchgeführt:

-1995 in Frankfurt
-1996 in Argenteuil bei Paris
-1997 in Madrid und
-1998 in Strasbourg

Sie zeigten: Unsere Erfahrungen sind ähnlich. Wir mußten erkennen: Unsere Probleme und das Elend so vieler Menschen sind eine Folgewirkung des allgemeinen kapitalistischen Strebens nach Gewinnmaximierung. Deshalb haben wir der internationalen Arbeiter/innen-Bewegung als gemeinsame Parole die Losung vorgeschlagen:

ALLE GEMEINSAM GEGEN DAS KAPITAL!

Der gemeinsame Kampf ohne nationale Vorbehalte, hinweg über alle Grenzen muß Alltag der Kolleg/innen in allen Ländern werden. Unsere Nöte und Probleme sind gleich. Denn was hieße es unter diesen Umständen, sich auf den Kampf für den "eigenen" Standort zu beschränken? Hieße es nicht, sich selbst und alle anderen Kolleg/innen in selbstzerstörerische Konkurrenz zu treiben? Hieße es nicht, die eigenen Niederlagen selber zu organisieren? Gemeinsam zu kämpfen mit allen Menschen, die das gleiche Interesse der arbeitenden Menschen vertreten, liegt nicht allein darin unsere Stärke? So steht die Frage!

Unsere Treffen haben gezeigt, wie breit unsere Einheit werden muß:

-International -zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen -zwischen Kolleg/innen in ungeschützten Arbeitsverhältnissen und solchen in noch voller Beschäftigung -zwischen Illegalen, Arbeitslosen und Beschäftigten -zwischen Jugendlichen und Älteren -zwischen Einwanderern und Einheimischen

Deshalb treten wir ein für Gleichheit und Solidarität zwischen allen vom Kapital und den Regierungen Ausgebeuteten, Benachteiligten und Unterdrückten. Wir treten ein für den gemeinsamen Kampf der Gewerkschaften, egal in welchen Ländern. Für unser 5. Treffen schlagen wir vor, zwei Schwerpunkte für unsere Diskussion zu bilden:

-Heute steht in Europa die Arbeitszeitverkürzung zur Debatte. Gewerkschaften fordern sie, aber auch das Kapital spekuliert in manchen Ländern längst damit. Was denken Gewerkschafter/innen aus Frankreich darüber, wie stellt sich die Frage in Spanien, in Italien, in Deutschland? Was sind die konkreten Erfahrungen und Kämpfe? Für das Kapital heißt die Antwort auf die Arbeitszeitverkürzung intensivere Ausbeutung und Flexibilisierung. Was bedeutet das für uns, die arbeitenden Menschen?

-Der Platz der Frauen in der Gewerkschaftsbewegung! Noch nicht einmal die Forderung "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!" ist bis heute konsequent verwirklicht! Welche objektiven und subjektiven Hindernisse stehen einer Gleichheit von Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Gewerkschaft im Wege? Welche Perspektiven gibt es für eine stärkere Teilnahme der arbeitenden Frauen an der Gewerkschaftsbewegung? Welche Erfahrungen liegen vor?

Wir wollen, daß Kolleginnen und Kollegen aus möglichst vielen Ländern darüber sprechen und nach Lösungen suchen.

Durch die Entwicklung des heutigen Kapitalismus und durch die Globalisierung kommen brennende Probleme auf alle Kolleginnen und Kollegen zu. Sie müssen von ihnen selbst diskutiert und in die Hand genommen werden.

Wir rufen alle interessierten Kolleginnen und Kollegen auf, vom 11. bis zum 13. Juni 1999 nach Ludwigsburg (bei Stuttgart) in Deutschland zu kommen, und diese und andere Probleme zu beraten. Kommt zum 5. internationalen Treffen von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern.

Heute ist das Kapital international! Wir müssen es wieder werden!

Dieser Aufruf wird unter anderem verbreitet in Belgien, Burkina Faso, Dänemark, Deutschland, Ecuador, Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen, Österreich, Türkei....

Kontact und information: info@kpd.net

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